Geschrieben: 14 Feb 2016 23:35
Film (2015)
Man lernt nie aus ist eine US-amerikanische Filmkomödie mit Robert
De Niro, Anne Hathaway, Nat Wolff und Adam DeVine in den
Hauptrollen. Er kam am 24. September 2015 in die deutschen Kinos.
Wikipedia
Erscheinungsdatum: 24. September 2015 (Brasilien, Südkorea)
Regisseurin: Nancy Meyers
Musik von: Theodore Shapiro
Kamera: Stephen Goldblatt
Cutter: Robert Leighton
Kritik
"Wir brauchen mehr Zeit miteinander, wo wir wach sind."
Man lernt nie aus von Nancy Meyers ( Liebe braucht keine Ferien )
punktet nicht mit der Anzahl an Lachern. Auch nicht mit besonders
originellen Ideen oder Handlungssträngen, schlägt aber unbarmherzig
zu wenn er jene Tatsache auf den Punkt bringt, was den meisten
Menschen in der heutigen Zeit abhandengekommen ist. Die Zeit an
sich. Das Zeit nehmen. Sich Zeit nehmen für eine einzige Sache. Die
bewusste Entscheidung Zeit mit Leben zu fühlen. Wach sein für das
Hier und Jetzt, auszubrechen aus dem Hamsterrad der Überladung und
Überfrachtung durch Informationen. Dem Ohnmächtigen Gefühl zu
entfliehen, ständig präsent sein zu müssen aber niemals wirklich wo
zu sein...
Die Stimme als Werkzeug zur Übermittlung von Emotionen und Sätzen
ist dem modernen Homo sapiens weitestgehend verloren gegangen. Ins
moderne Bild der Kommunikation rückt immer mehr eine Sprache die
nicht gesprochene ist sondern digital getippt. Email, Twitter und
Whatts App lösen das Persönliche ab. Das Emoticon die Emotion. Der
gefällt mir Klick den wohltuenden Schulterklopfer, die meist mit
einer sichtbaren Emotion einhergehende Anerkennung eines Kollegen.
Skype ermöglicht den Kontakt mit einem lieben Freund auf der
anderen Seite des Erdballs ohne wirklich mit ihm in Kontakt zu
treten. Seine Hand schütteln zu können, seinen Duft zu atmen und
die Wärme zu spüren die dieser ausstrahlt. Die Oberfläche des
blitzblanken Apple Bildschirms ersetz die Haut des Menschen, die
wir sonst war nehmen, mit all ihren Facetten und Makeln. Man kann
in der Nähe eine Menschen sein ohne im Nah sein zu müssen.
Die Stimme, eine warme Decke für die Seele
Jules Austin ( Anne Hathaway ) hat genau dieses Problem bzw. diesen
Zustand des digitalen Sprechens erreicht. Als Chefin eines
aufstrebenden Startup Unternehmens leidet sie daran jederzeit
erreichbar zu sein, ständig in Kontakt mit verschiedenen Personen
gleichzeitig sein zu müssen. Rund um die Uhr mit dem Smartphone
hantierend, immer unter Strom. Ein Zustand des völligen
digitalisierten Menschen, dem es nicht mehr gelingt wach zu werden,
der im Strudel der Daten droht verloren zu gehen. Unfähig bewusst
ein persönliches Gespräch zu führen das nicht dazu dient, effektiv
zu sein, sondern sich um den Menschen gegenüber dreht. Indem es ums
Zuhören geht oder dem Inne halten, zur Ruhe zu kommen und kein
schlechtes Gewissen zu haben wenn man mal eine Nachricht
unbeantwortet lässt. Den Phantomschmerz des Zurückschreiben Müssens
auszublenden.
Christian Brückner, Robert de Niros Stammsynchronsprecher sprach
neulich im SWR 1 den Wetterbericht. Eine simple Abfolge von Fakten,
die langweiliger nicht sein könnte. Was aber aus dem Mundraum von
Brückner erklang eine Sinfonie aus Zahlen und Worten. Ein wahrer
Freudentanz der Buchstaben auf Brückners Zunge, die sich erst zu
Worten formierten, nur um dann in Sätzen gebündelt dem Ohr des
Zuhörers zu schmeicheln. Brückner schafft es, das Sprechen zum
Spektakel zu machen. So kam es auch, dass der Rezensent dieses
Textes, der normalerweise Komödien meidet wie das Niveau einen Til
Schweiger Film, Man lernt nie aus schaute. Aus dieser Lust heraus
die Symbiose aus Stimme und Schauspieler des De Niro. Was auch
durchaus passend zu Message des Films passte. Synchronsprecher
Brückner beherrscht sein Werkzeug wie kaum ein anderer.
In Man lernt nie aus spielt De Niro einen 70 jährigen Praktikanten,
der genau auf diese Weise kommuniziert, welche im Büro der Neuzeit
veraltet wirkt. Mit dem Kehlkopf und nicht dem Finger. Er wird es
auch sein der seiner Chefin im Film zeigt, wie warm sich das
gesprochene Wort um die Seele legen kann. Wenn man sich dazu
entschließt Auge in Auge zu sprechen und die Barriere des
Touchscreens durchbricht.
De Niros Stimme steht in Man lernt nie aus für eine Gattung der
Kommunikation, die per se in der Welt von Jules nicht existiert. Es
wird viel kommuniziert aber wenig gesagt in Man lernt nie aus.
Dieser Umstand der Volldigitalisierung des Gesprächs ist der Gegner
des Oldscool Gentleman De Niro. Sei es der nerdige Kollege, dessen
Vorstellungskraft es übersteigt dass nicht der Schlüssel zum Herzen
einer Frau eine Whatts App Nachricht ist sondern das gesprochene
Wort. Oder die Unfähigkeit seiner Chefin zum physischen Gefällt mir
ihrer tüchtigen Assistentin. De Niro sagt dem Ganzen den Kampf an
als Praktikant, der er aber eigentlich nie war, denn ein Praktikant
ist in aller erster Linie einer, der lernt, in Man lernt nie aus,
lernen aber nur die anderen. Das gesamte Umfeld in De Niros
Tätigkeitsbereich, alle die sich darin bewegen werden Praktikanten
in de Niros Universum. Seines Old Scooligen Verhaltens des
persönlichen Sprechens und dem wundervollen Klang der Stimme von
Brückner, der den Menschen vor den Bildschirmen lehrt, wie schön
sprechen sein kann.
Mehr als ein paar gelegentliche Schmunzler kann Man lernt nie aus
aber nicht abstauben. Hier schafft es Regisseurin Nancy Meyers
nicht genau wie ihre Hauptdarstellerin in Kontakt mit ihren
Zusehern zu treten. Es wird nicht persönlich genug. Keine Nähe und
wenig Berührung mit den Lachmuskeln. Hier bleibt der Film ganz
seinem Thema der digitalen Distanz treu und schafft es nicht diese
zu durchbrechen. Schlecht ist er deshalb trotzdem nicht. Eher sogar
über dem durchschnittlichen Sonntagnachmittag Film. Dafür sind die
schauspielerischen Leistungen zu gut, die Optik zu nett sowie das
Gesamtbild zu stimmig. De Niro, der auf seine alten Tage zunehmend
dem komödiantischem Fach seine Aufmerksamkeit schenkt muss hier
nicht allzu viel aufbieten um den Film zu stemmen. Mit routinierter
Gestik und Mimik bringt er die nahezu zwei Stunden Laufzeit mit
Leichtigkeit ins Ziel.
Seine Herkunft kann Man lernt nie aus zu keiner Zeit verleugnen. Zu
sehr ist er der Hollywood Doktrin verfallen, alles schlimme nicht
ganz so schlimm zu zeigen und als gute noch etwas mehr gut als gut
dar zu stellen. Das dreckige Bild des durchaus hinterhältige
Verhaltens, dem Betrugs an der eigenen Frau weicht somit einer
schöne Kollage aus Entschuldigung und Einsicht, aus dem daraus
wieder das Hollywood Bild wird das man gerne sieht. Das Gute im
Herzen von De Niro wird noch ein Klecks mehr gutem hinzugefügt,
Sodas er am Ende des Films ausläuft vor lauter Gutmenschlichkeit
und Herzlichkeit. Kein Bild, das sich jeder gerne ins Wohnzimmer
hängt aber damit ist wohl zu rechnen, wenn im Intro das Logo eines
der üblichen Hollywood Jüngern erstrahlt. Man lernt nie aus besitzt
in Bezug auf Komik und Nähe, die gleichen Defizite welches er
versucht durch Robert De Niro zu bekämpfen. Man lernt nie aus
bleibt eher in digitaler Nähe zum Zuseher, erinnert aber
eindrucksvoll, dass wir mal wieder abschalten sollten um uns Zeit
zu nehmen für ein persönliches Gespräch mit unseren Mitmenschen.
Wach zu werden aus der Ermüdung und Faulheit der digitalen
Freundschaften und Emotionen. Geht raus und umarmt einen Freund,
das ist hundert mal mehr Emotion als jedes Emoticon der Welt
ausdrücken könnte.
Für alle die unbedingt Punkte brauchen.
Film Wertung: 6/10
Genre Wertung: 7/10