Wieder ein Film, der falsch vermarktet wird, sodass am Ende viele
enttäuschte Gesichter aus dem Kino kommen werden.
It Comes at
Night ist ein Psychothriller-Drama und hat damit deutlich mehr
Ähnlichkeit mit einem
The Witch als einer James Wan
Geisterbahnfahrt von der Stange.
Am besten geht man da mit möglichst wenig Vorwissen rein, weshalb
ich den Inhalt auch möglichst kryptisch halten werde. Es geht um
ein reduziertes Szenario mit wenigen Figuren in einem
postapokalyptischen Setting (wie dieses zustande kam ist dabei
total irrelevant). Die Spannung entsteht hier aus der kühlen
Atmosphäre, der langsam ansteigenden Paranoia unter den Figuren und
der Frage nach dem was das titelgebende "It" denn nun eigentlich
ist. Die Geschichte ist dabei auf den ersten Blick einfach
gehalten, offenbart auf den zweiten Blick aber eine angenehme
Tiefe: So wird das Setting im Verlauf immer mehr für eine
Verhaltensstudie genutzt, in bestimmten Szenen wechselt plötzlich
das Bildformat von Cinemascope auf Letterbox und eine rote Haustür
bekommt auf einmal eine symbolische Bedeutung zugesprochen.
Das es unmöglich ist über die eigentlich Stärke zu reden ohne Dinge
vorwegzunehmen, erfolgt der Rest im Spoiler:
SPOILER! Inhalt
einblenden
Ähnlich wie bei The Witch entsteht
der Horror hier nicht durch ein Monster, sondern macht sich durch
das Verhalten der Figuren bemerkbar. Der Mensch ist zu grausamen
Dingen im Stande, auch wenn er denkt Gutes zu tun. Sowohl Paul als
auch Will wollen nur ihre Familien beschützen. Ersterer schreckt
auch nicht vor Folter (Will wird für einen Tag an einen Baum ohne
Wasser und Schutz gefesselt) und Mord zurück, sobald er die
geringsten Anzeichen von Gefahr erkennt. Spätestens dann erkennen
auch wir dass "It" die Angst selber ist, welche immer nachts
genährt wird: So bricht Will nachts in das Haus ein, der Hund kommt
nachts krank zurück und nachts entsteht der finale Konflikt um die
offen gelassene Tür. Die rote Tür macht symbolisch auf die drohende
Gefahr von außen aufmerksam, vor dem sich die Protagonisten
abschotten zu versuchen. Erst gegen Ende hin wird ersichtlich, dass
die Angst zwar vom Unbekannten außerhalb entsteht, die Gefahr aber
vom Inneren des Hauses ausgeht. Was in The Witch noch der
Glaube war ist hier die Angst und mangelndes Vertrauen ineinander,
die Menschen zu Monstern lassen wird.
Die anfänglichen Alpträume (bzw. Visionen) des Sohnes werden zu
Beginn noch in einem anderen Bildformat dargestellt als die
restliche Handlung. Wenn der Alptraum langsam Realität wird,
vermischen sich immer mehr die Bildformate. Die anfängliche Angst
hat sich zur Paranoia gesteigert, die daraus entstandene Gewalt
führt hingegen wieder zu Trauer & Schuldgefühlen, ultimativ zum
Tod von allen Figuren. Mutter & Vater haben aufgegeben, tragen
keine Maske und Handschuhe mehr zum Schutze und geben sich damit
ihren Schicksal hin. Der letzte Shot wirkt noch lange nach.
A24 hat einfach einen Lauf und ist das vielleicht interessanteste
Label zur Zeit.
It Comes at Night ist ein weiterer toller
Eintrag in Firmen-Katalog und hat nur das Problem, dass sie ein
spezielles Produkt an ein großes Publikum verkaufen zu
versuchen.
(7/10)