Philadelphia

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17. Januar 2014

Manchmal kommt man vom Hölzchen aufs Stöckchen. Dies passierte auch am Samstag. Nach einem kurzen Spontanbesuch bei Saturn (es ging unfassbarer weise mal nicht um BDs^^) hörten wir Radio und es folgte ein Bericht über Bruce Springsteen.  Natürlich thematisierte man auch seine beiden Golden Globes und den Oscar für „Streets of Philadelphia“. Dabei kam raus, dass meine Freundin den Film dazu noch nie gesehen hat. Also war das Abendprogramm vorherbestimmt und das jetzt folgende Review auch ;-)

 

Ich selbst habe diesen hervorragenden Film schon mehrfach gesehen und er ist endlich mal eine Rezension wert!

 

Wer die Story noch nicht kennt, hier ein kurzer Einblick: Andrew Beckett ist homosexuell und an HIV erkrankt. Im Beruf ist er als Anwalt jedoch ein Ass! Seine Kanzlei (die größte in Philadelphia) überträgt ihm den wichtigsten Fall den die Kanzlei bekommen hat. Einer der Partner bekommt jedoch mit und die Kanzlei sabotiert Beckett bei der Klageeinreichung. Der Fehler wird ihm untergeschoben und die Kanzlei entlässt Beckett, dieser merkt jedoch schnell, dass der eigentliche Hintergrund seine Krankheit und seine Homosexualität sind und verklagt seinen ehemaligen Arbeitgeber mit Hilfe eines jungen Kollegen, der sich auf Schadenersatzklagen spezialisiert hat und den er vorher auch schon mal in einem Verfahren "bezwungen" hat.

 

Ich hatte den Film kürzer in Erinnerung, doch die 2 Stunden Laufzeit (ohne Abspann) wurden sehr gut eingesetzt. Das eingespielte Duo Bozman/Demme (vorher zB Schweigen der Lämmer) geht nicht nur in der Handlung voran, sondern zeichnet auch einen schönen Querschnitt der homophoben amerikanischen Gesellschaft und nimmt sich die Zeit vor allem Joe Miller (Anwalt) in mehreren Facetten darzustellen.

 

Der Score ist passend und stimmig, dies geht schon im Vorspann los, als die Stadt Philadelphia in Bildern gezeigt wird (inkl. Liberty Bell, etc.) und dazu der Oscar gekrönte Song von Bruce Springsteen läuft. Auch Howard Shore konnte aus dem alten Schweigen der Lämmer Team gewonnen werden und Shore kann einfach stimmige Sounds in einen Film unterbringen!

 

Kommen wir zu den Schauspielern, eigentlich muss man hier nur die beiden großen Rollen nehmen.

 

Tom Hanks als Andy Beckett - Bei seiner zweiten Nominierung bekam Hanks seinen Oscar für Philadelphia. (u.a. gg. Liam Neeson für Schindlers Liste). Hanks spielt Beckett aber auch einfach brillant. Man nimmt ihm die Krankheit nicht unbedingt in jeder Situation ab, aber doch fast immer. Sensationell vor allem die Szene, als er am Tropf hängend seinem Anwalt das klassische Stück näherbringt (La mamma morta aus der Oper Andrea Chénier, gesungen von Maria Callas). Meiner Meinung nach eine der stärksten Szenen die Hanks je gespielt hat!

 

Denzel Washington spielt den Anwalt Joe Miller. Ohne über die Entwicklung seiner Rolle zu viel vorweg zu nehmen, kann man sagen, dass er alle Facetten auspackt und die Zerrissenheit und Wandlung seiner Figur sehr glaubhaft rüberbringt!

 

Evtl. noch eine Erwähnung finden sollte auch noch Antonio Banderas, als Becketts Freund Miguel. Im Prinzip nur sehr gut besetzte Randfigur, doch schafft es Banderas ohne intime Szenen im Film deutlich zu machen, dass er und Beckett sich lieben. Wie er das macht gefällt mir persönlich sehr gut. Man hat zu keiner Zeit das Gefühl, das diese Beziehung nur gespielt ist.

 

Wie immer an dieser Stelle einige Spoiler:

 

Die Szene in der Miller und Beckett die Befragung durchgehen wollen und Beckett stattdessen Miller die Arie näherbringt ist wie schon erwähnt eine Weltklasse Szene. Nicht nur vom Acting sondern auch von der gesamten Szenerie. Die Lichtverhältnisse passen sich der Szene an, das ausgewählte Stück zeigt all das, was Beckett ausdrücken will und die Kameraeinstellungen sind sehr stimmig! Die Szene endet für mich erst als Miller sich noch einmal überlegt ob er doch zurückgehen will, dann aber wirklich geht.

 

Sehr gut auch die Szenen, die Miller noch als homophoben Anwalt zeigen, der aber eigentlich schon auf dem Weg in die "richtige Richtung" ist. Beginnend mit der Büchereiszene als er sich zu Beckett setzt und sein Anwalt wird, obwohl er dies vorher abgelehnt hat. Dann die Szene in der Bar, als er erst den anderen Gast (wohl ein bekannter) verbal auseinandernimmt und dann aber doch wieder zurückrudert, bis zu der Szene als er im Supermarkt von einem jungen angehenden Anwalt angemacht wird und diesen sehr schroff zurückweist.

 

Alles in allem kann man sagen, dass der Film von der Thematik her für die USA noch zu früh war. An der Einstellung der Amerikaner zu homosexuellen wird er zumindest nicht so viel geändert haben, wie das vielleicht angedacht, den sogar heute noch bekommt man es ja nicht aus den Köpfen der Menschen raus (siehe die kürzlich gesagten Worte von Evander Holyfield). Dies ändert natürlich nichts daran, dass der Film hervorragend ist und eigentlich in keiner Filmsammlung fehlen sollte!

 

Ich freue mich über Kommentare ;-) Bis bald!

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Starkes Review, wirklich toll besprochen und manches wunderbar miteinbezogen.

Ich finde auch, dass das Thema weltweit immer noch nicht wirklich liberal gehandhabt wird. Vllt wäre der Film sogar jetz noch zu früh?
Aber egal, somit ist er ein Stück zeitloses Kino und wenn man in diesem Fall das Erscheinungsjahr berücksichtigt, seiner Zeit sogar um Längen voraus.

Hab den Film schon ewig nicht mehr gesehen, er ist wirklich sehr gut, aber werde den trotzdem nicht mehr ansehen. Besonders auch wenn das Lied gedanlich abrufe, hab ich den Film auch emotional sehr schleppend in Erinnerung.
Denn sieht man sich wohl nicht mal einfach so an ...

Den Oscar-Gedanken kann man ja aussen vor lassen.
Danke!
MoeMents
18.01.2014 um 20:08
#4
Philadelphia ist m.E. einer der besten Filme die sowohl Tom Hanks als auch von Denzel Washington gespielt wurden. In manchen Szenen bekommt man echte Gänsehaut. Ich habe den Film schon lange nicht mehr gesehen. Ich glaube es wird einmal wieder Zeit dafür.
Danke für die Erinnerung!!
Charlys Tante
18.01.2014 um 09:41
#3
Schöner Blog, mein Freund - zu einem aktuell vielleicht, mit Blick "Dallas Buyers Club" wieder "aktueller" ins Bewußtsein geratenden Film, der fraglos exzellent ist (ebenso wie Springsteens Soundtrack!). Leider ist das Thema Aids aber in den letzten Jahren wieder zunehmend aus dem öffentlichen Bwewußtsein verdrängt worden - und das obgleich die Krankheit mitnichten "weg" ist. Für die notwenidge Sensibilisierung sind deshalb die genannten Filme schon immens wichtig.
Im Übrigen sehe ich den Film weitestgehend analog zu den treffenden Ausführungen Daniels.
Danke für den Blog!
Cineast aka Filmnerd
17.01.2014 um 13:04
#2
Da verlangt man von einem Film wohl auch zuviel, wenn man glaubt innerhalb von zwei Stunden Film, Jahrhunderte lange Schon gewohnte Vorurteile und blinde Vorverurteilungen einfach damit in Luft auflösen zu können.

Dennoch ist der Film an mir immer ein wenig vorbeigelaufen, da seine Story doch sehr auf den Satz "bitte gib mir einen Oscar" hinausläuft. Wie auch Filme wie "Monsters Ball", "Blind Side", "Monster", "Erin Brockovic", "Geboren am 4.Juli", usw...

Wenn es sich Hollywood in Kopf setzt mi bekannten Schauspielern tragische Missstände und wahre Geschichten aufzuzeigen, dann regnet es meistens "politisch korrekt" oft auch Oscars!

Wobei die genannten Filme allesamt hervorragend sind. Der Soundtrack von Bruce "The Boss" Springsteen ist aber auch wirklich genial. Ich fand "Banderas" übrigens herausragend in seiner kleinen Rolle!

Aber ob der dargestellte Pathos immer auch wirklich immer diese Preise auch verdient hat, na ja, ist eben so. In diesen Filmen siegt nach 2 Stunden meistens tränenreich die Vernunft!
Aber in der Wirklichkeit dauern solche Veränderungen meistens Jahrhunderte lang.

Dennoch rühren auch mich solche Botschaften immer zu Tränen, aber es ist halt immer so arg Oscar anflehend!

Danke für den Blog!
Kodijak
17.01.2014 um 09:42
#1

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